Informationen und Influencerinnen: Der Kampf gegen Desinformation in Kenias größtem Slum   | transparenz-und-medienfreiheit | DW | 22.09.2021
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Transparenz und Medienfreiheit

Informationen und Influencerinnen: Der Kampf gegen Desinformation in Kenias größtem Slum  

In Kibera, einem Slum in Nairobi, verbreiten sich Falschmeldungen über die COVID-19-Impfstoffe. Journalist William Oloo beschreibt eine Initiative, die mit einflussreichen Frauen gegen die „Infodemie“ vorgehen will.  

Kibera, Kenias größter Slum, liegt am Rande der Hauptstadt Nairobi und wimmelt nur so von Menschen. Kibera“ bedeutet Dschungel, und genau so ist es hier auch: gefährlich, unübersichtlich, laut. 800.000 Menschen haben in diesem Slum ihr Zuhause.    

Covid-19 hat Kenia hart getroffen. Tausende sind gestorben.Die Behörden haben mit Massenimpfungen in den örtlichen Gesundheitseinrichtungen begonnen - auch in Kibera. Aber die Skepsis und Angst vor dem Impfstoff bleibt.    

Masken tragen die Bewohner nur, wenn sie Polizeipatrouillen sehen. Die Menschen haben Angst, sich testen oder impfen zu lassen, weil sie fürchten, unter Quarantäne gestellt zu werden. Gerüchte über einen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, der kurz nach der Impfung gestorben sein soll, haben Panik ausgelöst. Impfzentren, die vor kurzem erst in dem Slum eingerichtet wurden, sind menschenleer. 

Eine neue Initiative zur Einrichtung eines Krisenkommunikationszentrums (CCC) soll hier Abhilfe schaffen. Der erste Schritt: Informationen über die Kommunikations- und Informationsdefizite in Bezug auf das Virus sammeln. Sobald die Wissens-Lücken analysiert sind, wird das CCC maßgeschneiderte Informationspakete zusammenstellen, die im gesamten Slum verteilt werden. Ziel ist es, ein Netzwerk zu schaffen, das zuverlässige Informationen zur Bekämpfung der „Infodemie“ verbreitet. 

GKI-Projekt | Crisis Communication Chapters

Die Wasser-Ausgabestellen sind wichtige Treffpunkte in Kibera. Hier bekommen die Frauen nicht nur frisches Wasser, sondern tauschen sich auch über Neuigkeiten und Gerüchte aus

Das Projekt wurde von der Kenya Correspondents Association (KCA) und der DW Akademie initiiert und soll in den nächsten Monaten vorangetrieben werden.   

Das Krisenkommunikationszentrum ist im Kern ein Netzwerk von Personen, die Zugang zu allen relevanten Informationsquellen haben. Es dient gleichzeitig als Rückkanal für die Anliegen der Zielgruppen - und ermöglicht damit Dialog. Die Informationen des CCC werden über WhatsApp, Radiosender, Flyer, Zeitungen, Fernsehen oder Lautsprecherdurchsagen verbreitet.  

Rekrutierung von Frauen als „Influencerinnen“ 

Die Frischwasserstellen sind die wichtigsten Treffpunkte in Kibera. Gerade Frauen suchen sie regelmäßig auf, um sauberes  Wasser zu holen. Es ist auch ein Ort, an dem die Menschen Nachrichten und Gerüchte über COVID-19 austauschen. 

Frauen gehören zu den einflussreichsten und angesehensten Führungspersönlichkeiten in Kibera. Die Bewohner der Blechhäuser hören auf den Rat ihrer weiblichen Anführerinnen. Sie sind starke Multiplikatorinnen und Influencerinnen.    

Diese Frauen werden nicht offiziell gewählt, sie haben ihr Ansehen durch den Dienst an der Gemeinschaft und ihre Charakterstärke erlangt. Regierungsbeamte und Gesundheitshelfer sind ebenfalls wichtige Informationsquellen, ebenso wie lokale Nichtregierungsorganisationen (NRO), die wichtige Dienste anbieten. Pamoja FM, ein lokaler Radiosender, ist die wichtigste formale Informationsquelle für die Slumbewohner. Junge Menschen informieren sich mehrheitlich über die Sozialen Medien, insbesondere WhatsApp, Instagram und Facebook.   

GKI-Projekt | Crisis Communication Chapters

Angesichts der schwachen Medien-Infrastruktur ist Mundpropaganda nach wie vor einer der wichtigsten Kommunikationskanäle in Kibera

Einige Bevölkerungsgruppen in Kibera sind noch sehr traditionsbewusst und halten an vielen ihrer kulturellen und religiösen Praktiken fest, was das CCC bei der Verbreitung von Informationen berücksichtigen muss. 

Zu frühe Lockerungen 

Trotz der steigenden Zahl von COVID-19-Fällen in Kenia nehmen die Menschen dort inzwischen ihr normales Leben wieder auf.Junge Leute treffen sich, um internationale Sportveranstaltungen im Fernsehen zu verfolgen.Religiöse Gruppen veranstalten große Gottesdienste und Hochzeitszeremonien, die gegen die COVID-19-Vorschriften verstoßen. Das Virus kann sich ungehindert ausbreiten. 

Gesicherte Informationen sind notwendig, um die Bewohner von Kibera davon zu überzeugen, dass das Coronavirus Menschen aller sozialen Schichten betrifft.Das CCC stellt in Kibera diese sachlichen und aktuellen Informationen bereit, um so die Pandemie einzudämmen. 

Die Frauen in Kibera wissen, wie wichtig zuverlässige Informationen sind. Gemeinsam mit ihnen wird das CCC kompakte Informationspakete an lokale Führungspersönlichkeiten und Influencer verteilen, die zielgerichtet, verständlich, faktenbasiert und auf die jeweiligen Zielgruppen der Zivilgesellschaft zugeschnitten sind.   

GKI-Projekt | Crisis Communication Chapters

William Oloo Janak

William Oloo Janak ist ein erfahrener Journalist und Medientrainer. Er arbeitet seit über 30 Jahren für lokale und internationale Medien. Derzeit ist er Vorsitzender der Kenya Correspondents Association (KCA) und Sekretär des Congress of African Journalists (CAJ).  Er ist der Projektleiter des von der DW Akademie unterstützten Crisis Communication Chapters in Kenia.   

Dieses Projekt ist Teil der globalen Initiative Transparenz und Medienfreiheit - Krisenresilienz in der Pandemie“ der DW Akademie und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). 

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