Medien in der Ukraine ein Jahr nach der Invasion: "Die ganze Welt war auf sachliche regionale Informationen angewiesen" | Europa/Zentralasien | DW | 24.02.2023
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Ukraine

Medien in der Ukraine ein Jahr nach der Invasion: "Die ganze Welt war auf sachliche regionale Informationen angewiesen"

Seit Kriegsbeginn hat sich die Medienlandschaft der Ukraine dramatisch verändert. Die DW Akademie blickt auf Herausforderungen, denen sich lokale und regionale Medien stellen mussten, und auf das, was vor ihnen liegt.

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine vor einem Jahr hat alle Medien des Landes – lokale, regionale, nationale und internationale – verändert. Nach dem anfänglichen Schock der Invasion mussten Organisationen innerhalb und außerhalb der Ukraine schnell auf dynamische Situation vor Ort reagieren. Für die DW Akademie bedeutete dies, bestehende Projekte anzupassen und sich auf neue Prioritäten einzustellen, um Journalistinnen und Journalisten und Medienhäuser am Leben zu erhalten.

Vor und nach der Invasion

Die DW Akademie ist seit 2014 in der Ukraine tätig. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die DW Akademie Schulungen und Finanzmittel für Medien und Medienschaffende bereitgestellt.

Im Jahr 2021 wurde das MediaFit-Programm mit Canal France International und dem litauischen öffentlich-rechtlichen Sender LRT gegründet. Neben der Unterstützung des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks UA:PBC war es das Ziel von MediaFit, Desinformation in den überwiegend russischsprachigen Regionen im Süden und Osten der Ukraine zu bekämpfen. So wurden Medien in diesen Regionen gezielt unterstützt.

Nach der zweiten Invasion im Jahr 2022 wurde dieses Ziel beibehalten, doch der Ansatz hat sich seitdem geändert. Die alleinige Unterstützung von Medienhäusern schien nicht mehr ausreichend - und so wurde die Unterstützung auf einzelne Journalistinnen und Journalisten ausgeweitet.

„Die Journalistinnen und Journalisten mussten überleben und über die Situation berichten“, sagt Hélène Champagne, Program Director für MediaFit. „Die ganze Welt war auf sachliche regionale Informationen angewiesen.“

Die Europäische Union, ein Geldgeber von MediaFit, reagierte schnell und stellte ab März Mittel für regionale Medienschaffende bereit. Über lokale Partner wurden Soforthilfen bei Evakuierungen geleistet und gleichzeitig Redaktionsteams koordiniert, wenn Mitarbeitende an die Front gehen mussten.

Das MediaFit-Projekt ist seit der Invasion gewachsen: 42 Organisationen erhalten nun Zuschüsse, Beratung und Schulungen. Darüber hinaus ermutigt die DW Akademie nun russischsprachige Sender im Süden und Osten, sowohl auf Ukrainisch als auch auf Russisch zu berichten und so die dringend benötigten Informationen über diese Regionen für das ganze Land bereitzustellen.

„Wir unterstützen ukrainische Medien für alle Ukrainerinnen und Ukrainer“, sagt Project Officer Yulia Alekseeva.

Die Medien lebensfähig halten

Der Versuch, die Kluft zwischen den Sprachen zu überbrücken, funktioniert jedoch nur, wenn die Medienhäuser weiterarbeiten. In den von Russland besetzten Gebieten mussten mehr als 100 regionale Medien ihre Arbeit einstellen. Nach Angaben des Committee to Protect Journalists wurden mindestens 12 Journalistinnen und Journalisten getötet.

Abgesehen von den physischen Gefahren fehlt es fast 75 Prozent der ukrainischen Medien im ganzen Land an ausreichenden Finanzmitteln, während ein Viertel der lokalen Journalistinnen und Journalisten ohne Gehalt arbeitet, berichtet der Nationale Journalistenverband der Ukraine. Und je länger der Krieg andauert, desto größer werden die Probleme.

„Es gibt bisher zwei Phasen des Krieges“, erklärt Kyryl Savin, Program Director der DW Akademie für die Ukraine. „Von März bis August und von September bis heute wird die Energieinfrastruktur angegriffen und die Internetversorgung ist unzuverlässig geworden.“

Als Reaktion darauf hat die DW Akademie die Redaktionen mit Powerbanks unterstützt, die eine Akkulaufzeit von bis zu zehn Stunden bieten, sowie mit Starlink-Verbindungen zur Unterstützung der Internetverbindung. Die Redaktionen können nun ihre Arbeit fortsetzen, und die DW Akademie kann weiterhin Online-Schulungen und psychologische Beratungen durchführen und Hochschulen unterstützen.

"Aufgeben war keine Option": MediaFit-Konferenz für Ukrainische Medienschaffende

Die Herausforderungen der Zukunft

Dennoch bleibt die Frage, wie die Medienlandschaft nach Ende des Krieges aussehen wird.

Da das Land mit der Aufrechterhaltung seiner Infrastruktur zu kämpfen hat, sind es Messenger-Dienste wie Telegram und Viber, die den Zugang zu Informationen mit sehr wenig Bandbreite ermöglichen. Einige dieser Kanäle haben Millionen von Mitgliedern und können in völliger Anonymität funktionieren – mit allen Vor- und Nachteilen. Auch Partner der DW Akademie sind auf diesen Plattformen erfolgreich. Laut Savin sind jedoch die beliebtesten Messenger-App-Kanäle oft auch diejenigen, in denen Desinformation und schlechte journalistische Praktiken grassieren.

Während diese Messenger-Dienste einerseits den Zugang zu Informationen erweitert haben, war der Krieg andererseits auch in der Ukraine Katalysator für neue staatliche Beschränkungen. Im Interesse der nationalen Sicherheit wurden weitreichende Gesetze erlassen, die Medien zur Veröffentlichung von Regierungsinhalten zwingen. Sorgen um die Medienlandschaft nach dem Krieg bleiben jedoch im Hintergrund, solange der Fokus auf der sich ständig verändernden Front liegt.

Die DW Akademie und ihre Partner engagieren sich für die lokalen und regionalen Medien, damit sie die Ukrainerinnen und Ukrainer in diesen und den kommenden schwierigen Zeiten mit sachlichen und hochwertigen Informationen versorgen können.

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