Nach 50 Jahren strenger Zensur erleben die Medien in Myanmar derzeit neue Freiheiten. Gemeinsam mit der ARD hat die DW Akademie dazu kürzlich eine Podiumsdiskussion veranstaltet.
"Die Medienlandschaft in Myanmar verändert sich derzeit rasend schnell, und vieles entwickelt sich dabei durchaus zum Positiven", so Gerda Meuer, Direktorin der DW Akademie. Sie war selbst im Februar in Myanmar, gemeinsam mit Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel. Die Fortschritte seien beeindruckend, aber: "Es ist deutlich geworden, dass es im Land einen immensen Bedarf an Weiterbildungsmaßnahmen für Journalisten gibt."
Helmut Osang, Leiter der Medienentwicklung bei der DW Akademie, stimmt zu. Auch er ist gerade aus Myanmar zurück, wo er einen Medienworkshop geleitet hat. Die Journalisten, so Osang, seien jung und hätten wenig oder gar keine journalistische Erfahrung. Aber sie seien extrem motiviert. "Wir müssen dort mit den journalistischen Grundregeln beginnen: Wie führt man ein Interview, und wie erzählt man eine Geschichte so, dass sie für die Menschen interessant ist. Unser Hauptziel muss es sein, die Blickrichtung der Kollegen zu verändern - weg von den Regierungsinteressen, hin zu denen der Zuhörer oder Zuschauer."
Die DW Akademie ist eine der ersten Medienorganisationen überhaupt, die in dem südostasiatischen Land Trainings für Journalisten anbieten. Fünf Workshops sollen dieses Jahr stattfinden, zudem sind Beratungen und ein Langzeitprojekt mit einem lokalen Medientrainingszentrum geplant.
"Hungrig nach Informationen"
Fast 50 Jahre lang waren die Medien in Myanmar von der Militärregierung unterdrückt. Im März 2011 wurde diese durch eine zivile Regierung ersetzt. Nach wie vor vom Militär kontrolliert, begann die neue Regierung einen vorsichtigen politischen Reformprozess - mit positiven Folgen auch für die Medien: Zeitungen können mittlerweile straffrei Bilder der Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi drucken, private Radiosender erhalten neuerdings Lizenzen und noch in diesem Jahr soll ein neues Mediengesetz verabschiedet werden, verspricht die Regierung.
Der Reformprozess und seine Auswirkungen auf das Mediensystem in Myanmar waren auch das Thema einer Podiumsdiskussion Anfang März in Berlin, organisiert von der ARD und der DW Akademie. Eingeladen waren Journalisten, Mitarbeiter von Ministerien und Nichtregierungsorganisationen. Auf dem Podium diskutierten neben Helmut Osang der Asien-Korrespondent der Financial Times Deutschland, Georg Fahrion und die myanmesische Journalistin Nwet Kay Khine.
Die junge Frau ist Kolumnistin bei der Wochenzeitung "The Voice". Sie sagt, die Zensur sei vor allem bei Themen aus den Bereichen Gesundheit, Sport und Kinder lockerer geworden, nicht aber wenn es um Politik, Wirtschaft oder ethnische Spannungen im Land gehe. "Aber auch dort verändert sich der Umgang langsam", betont sie. "Einer der Herausgeber hat kürzlich gesagt: 'Wir schreiben für unsere Leser und nicht für die Zensoren.' Das ist es, was ich tue. Die Zensur streicht dann rund zehn Prozent davon raus, aber 90 Prozent gehen durch. Und das ist, was zählt."
Dirk Niebel, Entwicklungsminister und Gerda Meuer, DW Akademie Direktorin, mit Teilnehmern des TV Trainings.
Die Diskussion im Hauptstadtstudio der ARD hat gezeigt: Die Entwicklungen in Myanmar werden positiv eingeschätzt, Zweifel bleiben dennoch. Sind das ernst gemeinte Reformen, oder nur der Versuch die EU und die USA dazu zu bewegen, die Sanktionen gegen Myanmar zu lockern? Und: Wird mit einem neuen Mediengesetz tatsächlich der Grundstein für freie Medien im Land gelegt, oder erhöht sich dadurch nur der Druck auf die Journalisten, sich selbst zu zensieren?
Nwet Kay Khine ist zuversichtlich: "Es geht nicht mehr nur um Zensur oder Selbstzensur: Die Menschen in Myanmar sind hungrig nach Informationen und es gibt einen großen Bedarf an freien Medien. Dementsprechend sehen wir Journalisten uns selbst in einer sehr entscheidenden Rolle."