Serbien: Junge Lokalmedien im Aufwind | Europa/Zentralasien | DW | 30.07.2021
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Europa/Zentralasien

Serbien: Junge Lokalmedien im Aufwind

Im Westbalkan sind Jugendmedien im Trend. Besonders in Serbien binden Lokalmedien immer häufiger Teenager ein, um junge Leserinnen und Leser zu gewinnen.

DW Akademie | Young Media Serbien | Željana Pantelić

Željana Pantelić: „Ich kann mir eine Zukunft in den Medien gut vorstellen.“

„Mir ist nie in den Sinn gekommen, Journalistin zu werden“, sagt die 19-jährige Željana Pantelić, „bis ich vor zwei Jahren an einem zweiwöchigen Medien-Workshop teilgenommen habe.“ Hier lernte sie zuerst die Grundlagen des journalistischen Handwerks von erfahrenen Redakteurinnen und Redakteuren. Im Anschluss stand dann eine Woche Praktikum bei einem Lokalmedium an. Željana entschied sich für Glas Podrinja aus ihrer Heimatstadt Šabac in Westserbien. Am ersten Praktikumstag war ihr etwas mulmig zumute: „Alle waren gestandene Journalistinnen und Journalisten, klug und gebildet – und da kam ich, mit gerade mal 17. Doch meine Ängste habe ich schnell überwunden. Als dann mein erster Text veröffentlicht wurde, war ich mächtig stolz“, erinnert sie sich.

Jugendmedien: Der frische Blick auf die Wirklichkeit

„Željana ist mir schon am ersten Tag ins Auge gefallen, weil sie sehr gut und engagiert arbeitet“, sagt die Redakteurin Tanja Trifković. Es war nicht die einzige Praktikantin – bald hatte Tanja eine kleine Gruppe Jugendlicher um sich geschart, mit denen sie nun einmal in der Woche eine Sonderseite gestaltet. Darin sieht sie eine große Chance: „Unsere Zeitung besteht seit 77 Jahren, aber wir haben mit der Zeit die junge Leserschaft verloren. Wenn Jugendliche für uns schreiben, bekommen wir einen frischeren Blick auf die Wirklichkeit. Wir wissen jetzt besser, für welche Themen sich junge Menschen interessieren.“

Diese Entwicklung angestoßen hat der serbische Lokalmedienverband Local Press, ein Partner der DW Akademie im Projekt „Junge Medien“. Seit 2017 bringt der Verband Schülerinnen und Schüler mit Lokalredaktionen zusammen: durch Workshops, an die sich Redaktionspraktika anschließen. Wenn es zwischen den Jugendlichen und den Redaktionen „funkt“, hilft Local Press ihnen dabei, eine dauerhafte Jugendsektion aufzubauen. „Wir haben mit den Jugendlichen immer weiter gearbeitet, denn das hat sich zu einer tollen Sache entwickelt“, sagt Tanja.

Local Press hat mit diesem Konzept nicht nur in Šabac, sondern auch in anderen Städten Erfolg. So zum Beispiel in der zentralserbischen Stadt Kraljevo: Seit 2017 schreiben Jugendliche für das lokale Internet-Portal Krug. Mittlerweile arbeiten sie sogar weitgehend selbstständig, von der Themenauswahl bis zum Instagram-Kanal. Die Chefredakteurin behält sich nur einen prüfenden Blick vor, bevor etwas online geht.

Themen, die Jung und Alt herausfordern

Serbien feministische Bücher

Publikationen serbischer Feministinnen in einem Bücherladen in Belgrad, 2019: Feminismus ist immer noch ein kontroverses Thema in dem Land.

Auch den Namen ihrer Rubrik haben die Jugendlichen selbst gewählt: Izazov plus, auf Deutsch: „Herausforderung plus“. „Wir wollen junge und auch ältere Menschen in unserer Stadt herausfordern“, sagt der 21-jährige Lazar Simić. „Denn wir schreiben gerne über Themen, die in unserer Stadt kontrovers sind.“

DW Akademie | Young Media Serbien | Lazar Simić

Jungredakteur Lazar Simić: „Wir schreiben gerne über Themen, die kontrovers sind.“

Schon sein erster Artikel über eine junge Feministin hat vor vier Jahren eine Welle negativer Reaktionen ausgelöst. Damit rechnet er auch nach seinem neusten Beitrag über die LGBT-Community. „Das sind heikle Themen – und hier kennt fast jeder jeden,“ sagt Simić. Dennoch wollen die Jugendlichen bei Izazov plus weiter über kontroverse Themen schreiben. Nur wenn man darüber redet, kann sich die Gesellschaft verändern, da sind sie sich einig.

Wenn Jugendliche in Medien mitarbeiten, können sie aber nicht nur eigene Impulse für Toleranz und Diversität setzen. Die Mitarbeit kann auch für sie persönlich zum Karriere-Sprungbrett werden. Željana, die mittlerweile Jura studiert, hat gerade einen Freelancer-Vertrag bei Glas Podrinja bekommen. „Ich kann mir inzwischen eine Zukunft in den Medien gut vorstellen“, sagt die junge Frau.

 

Das Projekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert.

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